Schlagwortarchiv für: betriebliche Gesundheitsförderung

Jung Ulrike - Konzepte zur Gesundheitsförderung - Eine Frau sitzt müde am Schreibtisch

Warum ist der gesunde Schlaf eine meist ungenutzte strategische Unternehmensressource?

Welche Auswirkung hat das auf den Unternehmenserfolg und wie können zukunftsorientierte Unternehmer und Unternehmerinnen diese Ressource erschließen?

Ist der Begriff „strategisch“ nicht etwas übertrieben? Gilt es heutzutage nicht, die mannigfachen Krisen und zusätzlich die Herausforderungen zur Nachhaltigkeit und Digitalisierung zu meistern? Da mutet das Thema Schlaf doch eher nebensächlich an.
Diese Grundeinstellung erlebe ich immer wieder in Gesprächen mit Unternehmerinnen und Führungskräften. Zunächst klingt das nachvollziehbar. Jedoch, wie so oft, zeigen sich die Zusammenhänge erst, wenn man etwas tiefer gräbt. Fangen wir also an mit der Exploration:

Inhalt:

  • Alarmierende Fakten zur Sicherheit
  • Daten und Reports zur Entwicklung von Fehlzeiten
  • Auswirkungen von Schlafstörungen auf die individuelle Gesundheit der Mitarbeitenden
  • Schichtarbeit
  • Status Quo in den meisten Unternehmen
  • Ausgeschlafen in Führung gehen – Die Rolle der Führungskräfte
  • Was Sie jetzt tun können

Alarmierende Fakten zur Sicherheit

Während durch den technologischen Fortschritt viele Unfallursachen eliminiert oder zumindest deutlich reduziert werden, ist dies bei Müdigkeit und mangelnder Konzentrationsfähigkeit durch schlechten Schlaf bisher noch nicht gelungen. Bei etwa jedem vierten tödlichen Verkehrsunfall auf deutschen Autobahnen wie auch bei vielen großen Unglücken mit teils verheerenden Folgen für Menschen und Umwelt (z. B. Tschernobyl oder Exxon Valdez) waren übermüdete Menschen die Hauptursache.

Dabei wird bei schweren Verkehrsunfällen nur dann die Müdigkeit oder der Sekundenschlaf erfasst, wenn der Fahrer dies selbst zu Protokoll gibt. Die Dunkelziffer dürfte also hoch sein. (ADAC 2023 – Müdigkeit im Straßenverkehr).

Aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes belegen 1.507 Verkehrsunfälle mit Personenschäden aufgrund von Übermüdung im Jahr 2021.

Laut einer Umfrage des Deutschen Verkehrssicherheitsrates (DVR) 2016 gaben 26% von 1.000 befragten Autofahrerinnen und Autofahrern an, schon mindestens einmal am Steuer eingeschlafen zu sein.

Eine Umfrage der European Transport Workers Federation (ETF) von 2021 zeigte: 24 – 26% der Busfahrer sind in den vergangenen 12 Monaten mindestens einmal am Steuer eingeschlafen, bei LKW-Fahrern sogar 30%.

Zusammenfassend schreibt der ADAC:

Müdigkeit ist eine häufige und bisher unterschätzte Unfallursache. Aufmerksamkeits- und Müdigkeitswarner ersetzen nicht die Selbstbeobachtung und vor allem nicht den erholsamen Schlaf.

Unfälle geschehen nicht nur beim Führen von Kraftfahrzeugen, sondern auch beim Umgang mit Maschinen oder anderen kontinuierliche Aufmerksamkeit fordernden Tätigkeiten. Bei etwa 13% der Arbeitsunfälle spielt die Übermüdung des Mitarbeitenden eine entscheidende Rolle.

In einem Laborexperiment am schwedischen Karolinska Institut wurde durch Reaktions- und Aufmerksamkeitstests gezeigt, dass Personen die nur vier Stunden im Vergleich zur ausreichenden individuellen Schlafdauer der Vergleichsgruppe geschlafen hatten, bereits nach einer Nacht bei allen Tests deutlich schlechtere Ergebnisse erzielten.

Weitere Untersuchungen zeigten, dass bereits kurzfristige Schlafdefizite mit Tagesmüdigkeit kognitive und physische Fähigkeiten beeinträchtigen, vergleichbar mit einem Blutalkoholgehalt von 0,8 – 1‰.

Dass der erholsame Schlaf die Kraft- und Gesundheitsquelle jedes Menschen ist, beschrieb schon der amerikanische Schlafpionier und Professor an der Stanford University, William C. Dement (1928 – 2020) nach über 40 Jahren Schlafforschung:

“Ich habe keinen Faktor gefunden, der einen größeren Einfluss auf Gesundheit und Wohlbefinden hat als den Schlaf. Rund 70% der körperlichen und 100% der psychischen Regeneration hängen von qualitativ hochwertigem Schlaf ab“.

Daten und Reports zur Entwicklung von Fehlzeiten

Es reicht nicht, Fehlzeiten nur an dokumentierten Tagen der Arbeitsunfähigkeit festzumachen. Auch Präsentismus und innere Kündigung führen zu hohen Produktivitätsverlusten. Bloße Anwesenheit sagt nichts über Produktivität, Kreativität und Motivation der Mitarbeitenden. Auf die kommt es aber an. Nach einer Studie von Fissler & Krause sind die Kosten für Präsentismus fast doppelt so hoch wie die für krankheitsbedingte Abwesenheit. Schlafstörungen mit Tagesmüdigkeit spielen eine unrühmliche Rolle bei Präsentismus.

Fast alle Krankenkassen haben in den letzten Jahren in ihren Reports zumindest versucht, die Auswirkungen des gestörten Schlafes auf den Krankenstand zu erfassen. Die Daten für den Gesundheitsreport der BEK von 2019 beruhen auf Untersuchungen von 4 Millionen Versicherten:

Menschen, mit welchen Erkrankungen auch immer, waren 2,8 mal länger krankgeschrieben, wenn sie begleitende Schlafstörungen aufwiesen.

30,1% der männlichen und 40,7% der weiblichen Erwerbstätigen klagen über Ein- und Durchschlafstörungen (DAK-Report 2017).

Eine aktuelle Analyse der BEK legt offen, dass nach den dokumentierten ambulanten Diagnosen etwa 6 Millionen Versicherte 2022 von einer Schlafstörung betroffen waren. Dies entspricht einer Steigerungsrate von 36% innerhalb von 10 Jahren.

Eine Pressemitteilung der AOK NordWest vom 8.3.2023 zeigt, dass durch nicht organisch bedingte Schlafstörungen bei AOK-Versicherten in Westfalen-Lippe im Jahr 2022 insgesamt 80.596 Fehltage entstanden sind. Das sind 46 Prozent mehr als 2021. Gegenüber 2019 hat sich das Plus sogar mehr als verdoppelt. Untersuchungen in anderen Regionen zeigen ebenfalls seit Jahren steigende Zahlen bei Ein- und Durchschlafstörungen.

Diese Liste ließe sich fortsetzen. Die Ergebnisse der Reports zeigen aber ganz klar, dass die Ein- und Durchschlafstörungen bei den Erwerbstätigen in den letzten Jahren stark zugenommen haben.

Der Status Quo in den meisten Unternehmen

Auch wenn der Schlaf im Privatbereich des Menschen stattfindet, haben die Schlafqualität und die aus dem Schlaf kommende Regeneration erhebliche Auswirkungen auf Arbeitsergebnis, Motivation, Stresserleben, Belastbarkeit und Gesundheit. Umgekehrt beeinflusst das Tag-Leben mit seinen beruflichen und privaten Herausforderungen auch den Nachtschlaf.

Betriebliche Gesundheitsförderung ist also ohne Berücksichtigung des Schlafes der Menschen im Unternehmen nur eine halbe Sache.

Dennoch widmen sich nur wenige Unternehmen den Themen Schlaf und Arbeiten im Einklang mit den individuellen biologischen Rhythmen. Hinzu kommt, dass der Schlaf als Handlungsfeld im Präventionsleitfaden nicht explizit genannt wird.

Schauen wir auf das das folgende Szenario:

Haben Sie als Unternehmerin oder Führungskraft schon einmal versucht, Schlaf auf die Agenda ihrer BGF-Maßnahmen zu setzen? Es haben aber nur wenige Mitarbeitende Interesse gezeigt. Warum ist das so? Sind alle Beschäftigten in Ihrem Unternehmen großartige Schläfer und damit die absolute Ausnahme in der D.A.CH-Bevölkerung?

Stellen Sie sich vor, ein wichtiger Geschäftspartner erzählt Ihnen von seinen Schlafstörungen, darüber, dass er oder sie deshalb am Tage oft müde, unkonzentriert oder schlecht gestimmt ist. Würde das Ihr Vertrauen in die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit dieses Geschäftspartners stärken?

Diese Befürchtung haben natürlich auch Mitarbeitende und deshalb oft ein Problem, sich als Schlechtschläfer gegenüber Vorgesetzten zu outen. Leute, die sich an einem betrieblichen Ernährungs- oder Fitnessprogramm beteiligen, können dagegen nichts verlieren, sondern gewinnen Ansehen, weil sie etwas für ihre Gesundheit tun.

Das bedeutet: Beim Thema Schlaf müssen andere Wege beschritten werden als bei klassischen BGF-Themen, in der Kommunikation und bei den Angeboten, um die Betroffenen zu einer Beteiligung zu ermutigen.

Unternehmen, die diese strategische Unternehmensressource nutzen und attraktiv für ihre Mitarbeitenden bleiben wollen, kommen am Thema Schlaf nicht vorbei.

Vereinbaren Sie jetzt Ihr Beratungsgespräch mit Ulrike Jung

Auswirkungen von Schlafstörungen auf die individuelle Gesundheit der Mitarbeitenden

Der häufigste Grund für nicht durch Krankheit bedingte Ein- und Durchschlafstörungen ist Anspannung durch ungenügend verarbeitete Stresssituationen am Tage. Damit einher geht oft die spätabendliche Nutzung von Blaulicht emittierenden elektronischen Geräten zur Erledigung von dringender Arbeit oder zu privaten Zwecken. Da das blaue kurzwellige Licht die Melatoninproduktion hemmt, kommt zur Anspannung ein weiterer Faktor hinzu, der die Einschlaflatenz verlängert.

Der besorgte Mensch blickt auf die Uhr, grübelt darüber nach, wie er den nächsten Tag überstehen soll, der weiteren Stress bereithält. Diese Grübeleien locken den Schlaf erst recht nicht herbei. So beginnt der neue Tag, wie der alte endete: mit Müdigkeit, Anspannung, schlechter Stimmung und eingeschränkter Leistungsfähigkeit. Diesen Teufelskreis gilt es zu durchbrechen, mit geeigneten BGF-Maßnahmen, die sowohl das Stressmanagement wie auch Schlafedukation beinhalten sollten. Wirksame Stressprävention setzt auf zwei Ebenen an: auf der Verhaltensebene des Einzelnen und auf der Ebene der Arbeitsbedingungen und des Arbeitsumfeldes. Hier gibt es bereits erprobte Verfahren, die in Unternehmen auch im Rahmen der Burnout Prävention eingesetzt werden. Die dringend erforderliche Schlafedukation ist gewöhnlich nicht integriert.

Nicht erholsamer Schlaf und Schlaf-Wach-Rhythmus-Störungen sind Auslöser, Beschleuniger oder Verstärker von:

  • Befindlichkeitsstörungen, wie Kopfschmerzen und Stimmungsschwankungen
  • Stoffwechselstörungen, wie Insulinresistenz und Diabetes Typ II
  • Problemen der Gewichtsregulation
  • Höherer Infektanfälligkeit durch Schwächung des Immunsystems
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • Erschöpfungszuständen

Zudem leidet die Konzentrations- und Lernfähigkeit und die Aggressionsbereitschaft steigt. Schlafstörungen gehören auch zu den Wegbereitern und Symptomen des Burnout-Syndroms.

Der Schlaf interagiert mit allen Lebensstilbereichen. Gesunder Schlaf und das Leben nach den eigenen biologischen Rhythmen verbessert also auch die Ergebnisse bei Interventionen im Bereich Ernährung, Sport, Stressmanagement oder Schmerzen.

Schichtarbeit

Auch wenn Schichtarbeit in Produktion und Dienstleistung vielerorts unverzichtbar ist, so ist doch der menschliche Biorhythmus nicht darauf eingestellt. Insbesondere Nachtschichtarbeiter arbeiten gegen ihre innere Uhr. Sie müssen sich nicht nur dem unnatürlichen Rhythmus anpassen, sie schlafen meistens auch weniger und schlechter, weil Lärm, Tageslicht oder soziales Umfeld den Tagschlaf stören. Diese Bedingungen erhöhen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und Stoffwechselstörungen und somit Adipositas und Diabetes Typ II.

Der Chronotyp spielt eine große Rolle dabei, welche Schichten besser oder weniger gut weggesteckt werden. Spättypen fallen Spät- und auch Nachtschichten weniger schwer. Frühtypen fallen zwar Frühschichten leichter, die Spät- oder Nachtschicht dafür umso schwerer.

Hier sind besondere BGF-Maßnahmen erforderlich. Die Erfahrung zeigt aber, dass gerade diese Gruppe wenig in Maßnahmen zur Betrieblichen Gesundheitsförderung einbezogen ist oder auch durch die Arbeitszeiten weniger Möglichkeiten zur Teilnahme hat.

Ausgeschlafen in Führung gehen – die Rolle der Führungskräfte

Ein Mensch sagt – und ist stolz darauf – er gehe in seinen Pflichten auf.

Bald aber, nicht mehr ganz so munter,

geht er in seinen Pflichten unter.

Eugen Roth

Eine Befragung von 1.000 Führungskräften der Max Grundig Klinik zeigen, dass 54% der männlichen und 59% der weiblichen Führungskräfte mit der Qualität ihres Schlafes unzufrieden sind. Das Problem wird jedoch häufig verdrängt und als jobimmanent angesehen. Das sind keine guten Voraussetzungen dafür, dass die Führungskräfte ihrer Promoter-Rolle in einem erfolgreichen BGM mit Integration des Schlafes wirklich gerecht werden können.

Führungskräfte, die es als Zeichen ihrer stählernen Gesundheit betrachten, mit 4 Stunden Schlaf auszukommen und dies auch kommunizieren, werden Ihre Team-Mitglieder nicht ermutigen, besser und länger zu schlafen. Erst wenn Führungskräfte ihre Vorbildrolle ernst nehmen und selber ausgeschlafen sind, können sie glaubwürdig gesundheitsfördernde Maßnahmen für mehr Schlafgesundheit initiieren und unterstützen.

Um ihre herausfordernden Aufgaben gut zu erfüllen, brauchen Führungskräfte den erholsamen Schlaf nicht nur für ihre gesundheitliche Stabilität, sondern auch für ihre Kreativität, Entscheidungsfähigkeit und zur Emotionskontrolle.

Also statt „Viel Schlaf nur für Weicheier“ sollte es heißen: „Mit dem Erfolgscode Schlaf zu mehr Gesundheit und Schaffensfreude“

Selbst die „New York Times“ schreibt: „Schlaf ist das neue Statussymbol.“ Zahlreiche sehr erfolgreiche Menschen, wie Jeff Bezos oder Roger Federer machen keinen Hehl daraus, welche bedeutsame Rolle der Schlaf für ihren Erfolg spielt.

Was Sie jetzt tun können

Bereits einfache Maßnahmen sind effektiv. Zur Sensibilisierung für das Thema eignen sich Impulsvorträge – auch online oder in Serie – für Führungskräfte, Teamleiterinnen oder spezielle Gruppen von Mitarbeitenden. Dabei können die Zusammenhänge zwischen Schlafqualität, Gesundheit und Arbeitsergebnis sichtbar gemacht werden. Weitere Inhalte können sein: Praktische Tipps zum Umgang mit Schlafstörungen, Schlafhygiene und verhaltenstherapeutische Techniken.

Im nächsten Schritt geht es um die Bedarfsanalyse. Hier hat sich bewährt, mit kompetenten und erfahrenen externen Dienstleistern zu arbeiten, damit die Mitarbeitenden sich ohne Einbindung der Vorgesetzten frei zu Ihren Problemen und Fragen äußern können.

Im Vitasom® BGF-Programm stehen bewährte Fragebogen zur Schlafqualität und zur Bestimmung des Chronotyps zur Verfügung. Aus den Ergebnissen entwickeln wir das passende Vitasom® Programm für das jeweilige Unternehmen. Besonders wirksam ist die Kombination von verhaltenspräventiven mit verhältnispräventiven Maßnahmen.

Auf der Verhältnisebene am Arbeitsplatz geht es darum, Schichtsysteme zu überprüfen und, wenn nötig, anzupassen, auch unter Berücksichtigung des individuellen Chronotyps. Sind Ruheräume möglich, die für einen kurzen Erholungsschlaf (Powernap) genutzt werden können und wird dies von den Beschäftigten gewünscht? Die tageszeitangepasste Beleuchtung am Arbeitsplatz spielt eine große Rolle zur Stabilisierung des zirkadianen Rhythmus´. Blaulichtblockerbrillen können das Lichtmanagement vor allem bei Schichtarbeitenden ergänzen. In der Verhaltensprävention stehen den Mitarbeitenden wissenschaftlich geprüfte Onlinekurse, Workshops und Einzelcoaching zur Verfügung.

Wie sollen die enormen unternehmerischen Herausforderungen gemeistert werden, wenn die Menschen in Unternehmen unausgeschlafen, müde und wenig motiviert sind?

Sie wollen die strategische Unternehmensressource Schlaf für Ihr Team und Ihr Unternehmen endlich erschließen und den Erfolgscode Schlaf nutzen? Dann vereinbaren Sie jetzt gleich ein Gespräch mit Ulrike Jung

Vereinbaren Sie jetzt Ihr Beratungsgespräch mit Ulrike Jung

Weiterbildung zum Schlafberater

 

Säge - Jung Ulrike - Konzepte zur Gesundheitsförderung

Wenn des nachts die Säge nervt – Was Schnarchen für die Gesundheit, die Partnerschaft und die Lebensfreude bedeutet

Inhalt:

  • Schnarchen als Störfaktor
  • Wie entstehen Schnarchgeräusche?
  • Ist Schnarchen gefährlich?
  • Schnarchen evolutionär betrachtet
  • Tipps für Schnarcher

„Gott schenke uns Ohrenlider“ flehte unerhört schon Kurt Tucholsky. Doch bis heute hat uns die Evolution keine körpereigene Vorrichtung geschenkt, die den Lärm draußen hält. So sind Bettpartnerinnen von Schnarchern nach wie vor dem störenden Krach ausgesetzt, während der Schnarcher selbst sein Schnarchen nicht hört. Und der Lärm kann beträchtlich sein. Laut Guiness Buch der Rekorde bringt es der lauteste Schnarcher der Welt auf 111 Dezibel, vergleichbar einem Düsenflugzeug im Tiefflug. Aber auch 80 Dezibel, die von nicht rekordverdächtigen Schnarchern erzeugt werden, besitzen noch Rasenmäher-Lautstärke. Singleschläfer, die zwar keine Bettpartner stören und so keine direkte Rückmeldung erhalten, können selbst einige Indizien für ihr nächtliches Schnarchen erkennen, zum Beispiel:

  • Sie fühlen sich morgens trotz ausreichender Schlafzeit wie gerädert
  • Der Mund ist trocken
  • Sie neigen untertags zu Sekundenschlaf, besonders bei monotonen Tätigkeiten
  • Sie haben öfter Kopfschmerzen
  • Sie sind am Tage weniger leistungsfähig und können sich bei der Arbeit schlecht konzentrieren
  • Bei sehr hellhörigen Gebäuden fragt morgens der Nachbar, ob Sie gut geschlafen haben

Obwohl etwa 44% der Männer und 28% der Frauen zwischen 30 und 60 Jahren schnarchen, ist Schnarchen noch ein Tabuthema und wird in der Gesundheitsförderung oder gar in der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) sehr selten adressiert. Zeit, das zu ändern.

Wie entstehen Schnarchgeräusche?

Das Geräusch des Schnarchens kann man kaum verschriftlichen. Nicht von ungefähr behilft man sich deshalb mit Metaphern wie sägen oder bei leisem Schnarchen knurren oder schnorcheln. Auch die gerne verwendete Buchstabenreihe Zzz ist nur ein Behelf. Der medizinische Fachbegriff für das Schnarchen ist Rhonchopathie. Es fällt auf, dass dieses Wort eine gewisse Nähe zum beschriebenen Geräusch hat.

Schnarchgeräusche entstehen, wenn die Luft beim Einatmen auf Engstellen in der Nase oder im Rachen trifft. Die Luft wird verwirbelt und lässt das Gaumensegel oder Zäpfchen mehr oder weniger flattern. Durch diese Schwingungen entsteht Schall.

Die Schwingungen entstehen vor allem dann, wenn die Muskeln des Rachenraumes schlaff sind und auch das Stützgewebe erschlafft ist, so dass die Zunge zurückfallen kann oder das Zäpfchen sich Richtung Zunge senkt.

Bei Frauen ist bis zur Menopause durch den Östrogeneinfluss eine höhere Muskelspannung vorhanden, die dem Schnarchen entgegenwirkt. Nach Eintritt der Menopause holen die Frauen aber auf, was die Schnarchquote anbetrifft.

Fetteinlagerungen im Rachenbereich sind ebenfalls schnarchfördernd, da sie den Durchflussraum einengen.

 

Die Gründe für das Schnarchen:

  • Die Nasenatmung ist behindert und der Schlafende atmet durch den Mund
  • Allergien können nicht nur die Nasenatmung behindern, sondern auch die Schleimhäute im Rachen anschwellen lassen
  • Übergewicht kann die Fetteinlagerung im Rachenraum begünstigen
  • Schlafen in Rückenlage ist einer der Hauptgründe
  • Alkohol am Abend setzt die Muskelspannung herab
  • Das gilt auch für Schlafmittel und andere beruhigende Medikamente
  • Zunehmendes Alter

Ist Schnarchen gefährlich?

Solange mit dem Schnarchen keine Atemaussetzer verbunden sind und ausreichend Luft in die Lungen fließt, ist das Schnarchen für den Verursacher nicht gesundheitsschädlich. Der Bettpartner kann allerdings erheblich leiden. Nach einer Forsa-Umfrage von 2018 gaben 78% der befragten Frauen an, dass ihr Partner schnarcht. Sie haben verschiedene Strategien entwickelt, um wenigstens Schnarchpausen zu erreichen.

Etwa 45% stoßen den Partner kräftig an, 21% drehen den Partner auf die Seite, 13% haben getrennte Schlafzimmer, einige schlafen auf dem Sofa und nur 5% bitten den Partner, zum Arzt zu gehen. Man kann also sagen, Bettpartnerinnen leiden still und tun wenig, um ihre eigene Schlafqualität zu retten oder präventiv den Partner zu unterstützen.

Dennoch sollte das Schnarchen nicht bagatellisiert werden, da etwa ein Drittel der Schnarcher im Laufe der Zeit ein obstruktives Schlafapnoe-Syndrom entwickelt. Der Begriff Apnoe stammt aus dem Griechischen und bedeutet Windstille. Der Betroffene hat eine Atempause, kein Lufthauch ist zu spüren. Durch die unzureichende Sauerstoff-Versorgung und die steigende Kohlendioxidkonzentration löst der Körper über Chemorezeptoren im Gehirn Alarm aus, damit der Schläfer nicht erstickt. Der Atemlose erwacht und beginnt mit einem starken Schnarcher wieder zu atmen. Die Schwere der Schlafapnoe wird durch die Anzahl der Apnoe-Ereignisse pro Stunde gekennzeichnet. Bei 5-10 Ereignissen spricht man von einer milden Schlafapnoe. Die Atemaussetzer können von wenigen Sekunden bis zu einer Minute dauern.

Von dem ganzen dramatischen Geschehen merkt der Betroffene typischerweise nichts. Der stark fragmentierte Schlaf mit den häufigen Wachreaktionen zieht jedoch zahlreiche Gesundheitsprobleme nach sich. Im Verlauf des Atemstillstands steigt der Blutdruck. Das Herz muss mit Hochdruck arbeiten, dennoch gibt es immer wieder einen kurzfristigen Sauerstoffmangel in Körper und Gehirn.

Die Folgen sind Tagesmüdigkeit, Sekundenschlaf, Konzentrations-und Gedächtnisstörungen und auch Potenzstörungen. Letztere führen oft zum ersten Arztkontakt. Langfristig steigt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck, Herzinfarkt und Schlaganfall.

Fazit: Das Schnarchen ohne Atemaussetzer ist zwar für den Schnarcher zunächst nicht gefährlich, da jedoch jeder dritte Schnarcher im weiteren Verlauf eine obstruktive Schlafapnoe entwickelt, diese Veränderung aber selbst nicht bemerkt – höchstens über die Begleitsymptome – sollte man das Schnarchen nicht einfach hinnehmen, sondern aktiv werden. Weniger Schnarchen sorgt außerdem für mehr Frieden im Schlafzimmer und besseren Schlaf und damit Laune bei der Bettpartnerin / dem Bettpartner.

Schnarchen evolutionär betrachtet

Ist Schnarchen ein neues, zivilisationsbedingtes Phänomen oder kann Schnarchen evolutionär ein Vorteil gewesen sein? Es gibt Hypothesen, dass es für die steinzeitliche Horde ein Vorteil war, einen kräftigen Schnarcher in ihrer Gruppe zu haben. Die bedrohlich wirkenden Sägetöne könnten Räuber und wilde Tiere in die Flucht geschlagen haben.

Da Schnarcher auch heute noch zu einem großen Teil übergewichtig sind, könnten die steinzeitlichen Schnarcher auch besonders wohlgenährte und kräftige Männer gewesen sein.

Immerhin entsteht das Schnarchen in den gleichen anatomischen Strukturen wie das Knurren beim Hund, das ebenfalls nichts Gutes verheißt.

Im weltweit einzigartigen Schnarchmuseum in Alfeld, das zur Expo 2000 eingerichtet wurde, kann man jahrhundertealte Aufzeichnungen zum Schnarchen und zur Schlafapnoe anschauen. Die älteste stammt aus dem Jahr 460 v. Chr. und behandelt die Reaktion der Frauen auf das Schnarchen des Gottes Dyonysos, dem Sohn des Zeus. Diese Reaktionen unterschieden sich nur im verwendeten Material von denen, die geplagte Bettpartnerinnen heute anwenden. So wurde Dyonysos mit dem Stiel eines Riesenfenchels immer wieder angestoßen, wenn das Schnarchen zu laut wurde.

1745 erschien die erste Dissertation über das Schnarchen der Schlafenden in lateinischer Sprache von Friedericus Wilhelm Lust an der Universität Halle-Magdeburg zur Erlangung des medizinischen Doktorgrades.

Auch allerlei Erfindungen und Gerätschaften zur Verhinderung des Schnarchens sind im Schnarchmuseum zu sehen.

Tipps für Schnarcher

Die Bandbreite der Hilfsmittel zur Verhinderung des Schnarchens ist enorm und für den Hilfesuchenden oder die Beraterin ist es nicht einfach, hier zwischen obskuren Methoden und Hilfen zu unterscheiden, die tatsächlich einen Versuch wert sind. Die eine Methode, die allen Schnarchern hilft, gibt es nicht, soviel vorab.

Da Übergewicht das Schnarchen stark begünstigt, wäre hier der Ansatz, durch Gewichtsreduktion etwas gegen den nächtlichen Lärm zu unternehmen. Nachhaltiges Abnehmen ist aber ein eigenes Thema und soll deshalb hier nicht weiter behandelt werden.

Weitere ursachenbezogene Strategien sind:

  • Konsum von Alkohol, Schlafmitteln und Beruhigungsmitteln prüfen und diese Substanzen testweise für einige Zeit weglassen, da diese, besonders bei Älteren, das Stützgewebe im Rachenraum erschlaffen lassen.
  • Hindernisse bei der Luftzufuhr identifizieren, wie eine durch Erkältung oder Allergie verstopfte Nase, Polypen, eine schiefe Nasenscheidewand oder stark vergrößerte Mandeln und dieses Problem mit dem Arzt besprechen
  • Stärkung des Stützgewebes im Rachen durch Training. Hier gibt es gemischte Erfahrungen mit Didgeridoo Spielen. Einen Versuch ist es für musikalische Schnarcher sicher wert. Allerdings ist Regelmäßigkeit und Ausdauer vonnöten.
  • Zur Stärkung der Zungenmuskulatur dient das Gerät ExciteOsa, das täglich untertags 20 Minuten angewendet werden soll. Über neuromuskuläre elektrische Stimulation erfolgt die Kräftigung der Zungenmuskulatur. Das Gerät kann direkt beim Hersteller Online bezogen werden.
  • Schienen, die den Unterkiefer vorverlagern, weiten die oberen Atemwege und straffen das Gewebe. Diese Unterkiefer-Protrusionsschienen können als selbst anzupassende thermolabile Schienen direkt Online oder im Fachhandel bezogen werden. Aufwendiger und meist auch wirksamer ist die Anpassung einer individuell angepassten Schiene durch einen spezialisierten Zahnarzt.
  • Nur der Vollständigkeit halber werden operative Maßnahmen erwähnt. Hier sollte immer eine seriöse und umfassende Beratung durch einen erfahrenen Operateur vorausgehen.

Weitere Tipps:

Schnarchbänder, Sprays, Gaumenspangen, Schnarchringe oder ähnliche Hilfsmittel werden von Schlafmedizinern eher nicht empfohlen, dennoch gibt es hilfreiche und erprobte Tipps.

  • Tritt das Schnarchen verstärkt in Rückenlage auf, so kommen Hilfsmittel zum Einsatz, die die Rückenlage verhindern. Tennisbälle haben sich nicht bewährt. Sinnvoller sind spezielle Westen, die zwar die Rückenlage verhindern, aber dennoch ein Drehen im Bett ermöglichen. In diesem Modell von Nachtwächter ist das Rückenkissen individuell aufblasbar und kann deshalb auch gut auf Reisen mitgenommen werden. Im Idealfall ist es so, dass die Weste nach einigen Monaten nicht mehr benötigt wird, da der Körper sich daran gewöhnt hat, die Rückenlage zu vermeiden.

  • Elektronische Lagerungsgurte, die durch Vibrieren die Rückenlage anzeigen bis ein Positionswechsel vorgenommen wurde (z. B. Somnipax belt). Das gleiche Ziel haben verschiedene Apps.
  • Kopfende des Bettes leicht aufstellen und ein spezielles Kissen für Seitenschläfer verwenden
  • Ohrstöpsel für die Bettpartnerin – eher eine Interimslösung

Sie haben Fragen zu den Inhalten dieses Artikels, zu Schritten in der Beratung und im Coaching von Klienten, zu hilfreichen Produkten oder möchten wissen, welche konkreten Maßnahmen zum Beispiel in der Betrieblichen Gesundheitsförderung wie eingesetzt werden können, dann nehmen Sie am besten gleich Kontakt mit mir auf.

Vitasom® Programm

Weiterbildung zum Schlafberater

 

Wasserfall - blog-kraftquelle-schlaf

Schlaf, die verkannte Kraftquelle jedes Unternehmens

Besser schlafen – besser leben – leichter mehr leisten

 

Inhalt:

  • Die Rolle des Schlafes in der Arbeitswelt
  • Die inneren Uhren und der Tagesablauf
  • Die Auswirkungen der Schlafqualität auf die Tagesleistungen
  • Ist Work-Life-Balance zeitgemäß?

Die Rolle des Schlafes in der Arbeitswelt

Dass der erholsame Schlaf eine Kraft- und Gesundheitsquelle für jeden Menschen ist, beschrieb schon der amerikanische Schlafpionier und Professor an der Stanford University William C. Dement (1928 – 2020) nach über 40 Jahren Schlafforschung: „Ich habe keinen Faktor gefunden, der einen größeren Einfluss auf Gesundheit und Wohlbefinden hat als den Schlaf. Rund 70% der körperlichen und 100% der psychischen Regeneration hängen von qualitativ hochwertigem Schlaf ab“.

Was hat das mit den Unternehmen zu tun?

Motivierte, engagierte und gesunde Mitarbeiter sind die wichtigste Ressource in jedem Unternehmen, unabhängig von dessen Größe oder von der Ausrichtung des Angebotes. Betriebliches Gesundheitsmanagement(BGM) hat deshalb zu Recht einen hohen Stellenwert. Für den Schlaf, als Maßnahme der betrieblichen Gesundheitsförderung, gilt das noch nicht in gleichem Maße wie für andere Gesundheitsthemen. Nur etwa 10% der Unternehmen, die ein BGM eingeführt haben, bieten auch Schulungen und Maßnahmen zu besserem Schlaf und den chronobiologischen Rhythmen an, die durch Fachleute durchgeführt werden. Dieses Manko findet sich besonders in kleinen Unternehmen, da oft sowohl personelle wie finanzielle Ressourcen nicht ausreichend vorhanden sind oder die Bedeutung dieses Lebensstilbereiches nicht bekannt ist.

Auch wenn der Schlaf in jüngster Zeit mehr Beachtung und Wertschätzung erfährt, so wird besonders bei aktiven und leistungsbereiten Menschen der Schlaf immer noch als Zeitverschwendung abgetan und wenn Schlaf unbedingt sein muss, so solle es wenigstens ein komprimierter Turbo- oder Leistungs-Schlaf sein. Macht und Erfolg gehören denen, die wenig schlafen, das suggerieren Anekdoten über vermeintliche Kurzschläfer. Diese Einschätzung und die Anwendung für den eigenen Schlaf sind in hohem Maße selbstschädigend.

Nehmen diese Menschen Führungspositionen ein, so kann dies auch die Integration des Schlafes in die betriebliche Gesundheitsförderung erschweren.

Aber nicht nur Gesundheit und Wohlbefinden hängen vom guten Schlaf ab, auch die Sicherheit kann leiden. Bei etwa 20% der schweren Verkehrsunfälle und 13% anderer Arbeitsunfälle spielt die Übermüdung des Fahrers oder Mitarbeiters eine entscheidende Rolle. Einige große Unglücksfälle der letzten Jahrzehnte haben dies eindrucksvoll gezeigt.

Auch im Sinne des Employer Branding können die gängigen Angebote zur betrieblichen Gesundheitsförderung durch die Themen Schlaf und chronobiologische Rhythmen im (Arbeits)Alltag auf ein neues Fundament gestellt werden.

Die inneren Uhren und der Tagesablauf

Aufwachen, ohne durch einen nervigen Wecker viel zu früh aus dem Schlaf gerissen zu werden, ein Wunschtraum vieler Menschen. Der Start in den Tag könnte so schön sein, wenn er denn etwas später begänne. Sehr früh am Morgen sitzt vielen Menschen die Müdigkeit noch in den Knochen, die Glieder sind schwer und der erste Blick in den Spiegel sorgt auch nicht für Stimmungsaufhellung.

Aber heißt es nicht: “der frühe Vogel fängt den Wurm“ und „Morgenstund hat Gold im Mund“? Diese Volksweisheiten repräsentieren die auch heute noch verbreitete Arbeitsethik: Arbeit und Aktivität früh am Morgen zeugen von Fleiß, während Langschläfer leicht in den Verdacht geraten, Faulpelze zu sein.

Dabei wissen wir seit den Bunkerversuchen von Professor Jürgen Aschoff und weiteren Mitarbeitern des Max Planck Institutes aus den 1960er und 1970er Jahren, dass Menschen durch innere Uhren gesteuert werden. Jeder Mensch hat seine genetisch codierten inneren Rhythmen. Die Wissenschaft vom rhythmisch gesteuerten Ablauf der Funktionen jedes Organismus ist die Chronobiologie (griechisch: Chronos = Zeit; Biologie = Lehre von der belebten Natur).

Tausende Fragebögen, die u. a. von Professor Till Roenneberg, dem Lehrstuhlinhaber für Chronobiologie an der LMU München, ausgewertet wurden, zeigen dass etwa 60% der Menschen in Europa tendenziell dem Chronotyp Eule angehören. Bei diesen Menschen, die abends später zu Bett gehen, ist die biologische Schlafenszeit beim frühen Klingeln des Weckers noch nicht beendet. Dennoch müssen sie mit der sozialen Außenzeit leben und befinden sich während der Arbeitswoche im sozialen Jetlag. Kein Wunder, dass diese Menschen früh am Morgen einfach nur müde und nicht etwa faul sind.

Die Lerche dagegen ist der typische Morgenmensch. Der Mensch dieses Chronotyps geht abends gerne früh zu Bett und ist früh am Morgen bereits voll leistungsfähig. Lerchen sind deshalb besonders kompatibel mit Berufen, die auf einen frühen Arbeitsbeginn setzen. Nicht bei jedem Menschen ist der Chronotyp gleich stark ausgebildet, jedoch kann man aus einer Eule keine Lerche machen und umgekehrt.

Ein Leben gegen die eigenen Rhythmen kann zu Leistungs- und Vitalitätseinbußen und früher oder später zu Gesundheitsstörungen führen.

Die biologischen Rhythmen beschränken sich keineswegs auf den Schlaf-Wach-Rhythmus. Als bedeutender Rhythmus im Tagesablauf wird der Basic-Rest/Activity-Cycle (BRAC) angesehen, also der Ruhe-Aktivitäts-Zyklus, der 1960 bereits vom amerikanischen Forscher Nathaniel Kleitman beschrieben wurde. Während einer Zeitspanne von etwa 90 Minuten schaltet der BRAC den Organismus für etwa 70 – 80 Minuten auf aktiv. In dieser Zeit dominiert der Sympathikus das vegetative Nervensystem und wir können gut fokussiert und konzentriert arbeiten. Danach folgt eine Regenerations- und Entspannungszeit von etwa 10 – 20 Minuten, in der die Ressourcen wieder aufgeladen werden. In dieser Zeit dominiert der Entspannungsnerv Parasympathikus. Der Zeitpunkt für die Leistungsfenster nach dem BRAC unterscheidet sich je nach Chronotyp.

Es lohnt sich, diese Leistungsfenster zu kennen, um sie für konzentriertes Arbeiten ohne Ablenkung zu nutzen. Die Regenerationsphasen können für etwas Bewegung oder auch Atemübungen genutzt werden.

Eine Vielzahl von Untersuchungen zeigt, dass die regelmäßigen Regenerationsphasen dazu führen, dass in der gleichen Zeit bessere Arbeitsergebnisse erzielt werden. Außerdem stärken sie die Gesundheit und Stressresistenz der Mitarbeitenden.

Auch ein Powernap dient der Regeneration. Bei einer Umfrage wünschten sich zwei Drittel der Beschäftigten in unterschiedlichen Betrieben Ruheinseln für einen Powernap, also eine Kurzschlafpause von 15 – 30 Minuten, um das mittägliche Leistungstief besser zu überwinden.

Die Auswirkungen der Schlafqualität auf die Tagesleistungen – oder – Der Tag macht die Nacht und umgekehrt

Die Art und Bewältigung der Herausforderungen des Tages wirken sich unmittelbar auf die Nachtruhe aus. Andererseits entscheidet die Qualität des Schlafes darüber, wie wir genau diese Herausforderungen managen.

Bereits kurzfristige Schlafdefizite mit Tagesmüdigkeit beeinträchtigen kognitive und physische Fähigkeiten vergleichbar mit einem Blutalkoholgehalt von 0,8 – 1‰. Auch Sozialkompetenz und Motivation sind messbar verringert. Halten die Schlafstörungen an, so kommt es nicht etwa zu Gewöhnungseffekten, sondern die kognitiven, emotionalen und physischen Ausfallserscheinungen verstärken sich.

Der häufigste Grund für nicht durch Krankheit bedingte Ein- Und Durchschlafstörungen ist Anspannung durch nicht verarbeitete Stresssituationen am Tage. Damit einher geht oft die spätabendliche Nutzung von Blaulicht emittierenden elektronischen Geräten zur Erledigung von dringender Arbeit oder zu privaten Zwecken. Da das blaue Licht die Melatoninproduktion hemmt, kommt ein weiterer Faktor hinzu, der die Einschlaflatenz verlängert.

So verbindet sich die am Tage erzeugte Anspannung mit einer unzureichenden Melatoninproduktion zu einer unguten Koalition. Der besorgte Mensch blickt auf die Uhr, grübelt darüber, wie er den nächsten Tag überstehen soll, der weiteren Stress bereithält. Diese Grübeleien locken den Schlaf erst recht nicht herbei. Der neue Tag beginnt, wie der alte endete: mit Müdigkeit, Anspannung, schlechter Stimmung und eingeschränkter Leistungsfähigkeit. Diesen Teufelskreis gilt es zu durchbrechen mit geeigneten BGF-Maßnahmen, die sowohl das Stressmanagement am Tage wie auch die Schlafedukation beinhalten sollten.

Wird der Schlaf nicht berücksichtigt, kann sich die Schlafstörung chronifizieren, auch wenn die Auslöser, die Stressoren, bereits beseitigt sind.

Ist Work-Life-Balance zeitgemäß?

Auch wenn sich dieser Anglizismus fest in der deutschen Sprache etabliert hat, so wird er selten hinterfragt. Etwas auszubalancieren gäbe es, wenn Arbeit und Leben als Gegensätze gesehen werden. Arbeit ist aber ein Teil des Lebens, da wir etwa ein Drittel des Tages der Arbeit widmen. Wenn wir die Arbeit als separate Einheit sehen, müssten wir sie von der Lebenszeit abziehen. Deshalb ist die Work-Life-Balance ein zentraler Punkt des Diskurses um Arbeit und Privatleben und ihr Verhältnis zueinander. Zu Zeiten des Homeoffice hat dieser Diskurs neue Facetten bekommen, da die Abgrenzung der einzelnen Lebensbereiche schwieriger wird.

Schauen wir den Schlaf an, so wird dieser eher dem „Rest des Lebens“ und nicht der Arbeit zugeordnet. Das ist einer der Gründe für die noch dürftige Präsenz dieses Themas in der BGF.

Wenn wir die Arbeit vom „Rest des Lebens“ separieren, so wird außer Betracht gelassen, dass Arbeit nicht nur ein sinnstiftender Teil des „ganzen Lebens“ sein kann, sondern auch der persönlichen Weiterentwicklung dient und beides auch sollte. Hier ist allerdings auch noch einiges zu tun.

Eine ganzheitliche Sicht- und Vorgehensweise hätte das Ziel, eine harmonisierte Lebensbalance zu erreichen. Und hier bilden Schlaf und chronobiologische Rhythmen ein stabiles Fundament.

Unternehmern, BGM-Verantwortlichen und externen BGM-Dienstleistern stehe ich gerne zu einem Beratungsgespräch zu diesen Themen und zum Vitasom® Programm zur Verfügung.

Im nächsten Blogartikel wird es um Schichtarbeit, Jetlag und andere Herausforderungen gehen.

Links:

Mehr zu Chronotyp und Leistungsfähigkeit

Das Vitasom® Programm für die betriebliche Gesundheitsförderung

Weiterbildung zum Schlafberater