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Schlaf, die verkannte Kraftquelle jedes Unternehmens

Besser schlafen – besser leben – leichter mehr leisten

 

Inhalt:

  • Die Rolle des Schlafes in der Arbeitswelt
  • Die inneren Uhren und der Tagesablauf
  • Die Auswirkungen der Schlafqualität auf die Tagesleistungen
  • Ist Work-Life-Balance zeitgemäß?

Die Rolle des Schlafes in der Arbeitswelt

Dass der erholsame Schlaf eine Kraft- und Gesundheitsquelle für jeden Menschen ist, beschrieb schon der amerikanische Schlafpionier und Professor an der Stanford University William C. Dement (1928 – 2020) nach über 40 Jahren Schlafforschung: „Ich habe keinen Faktor gefunden, der einen größeren Einfluss auf Gesundheit und Wohlbefinden hat als den Schlaf. Rund 70% der körperlichen und 100% der psychischen Regeneration hängen von qualitativ hochwertigem Schlaf ab“.

Was hat das mit den Unternehmen zu tun?

Motivierte, engagierte und gesunde Mitarbeiter sind die wichtigste Ressource in jedem Unternehmen, unabhängig von dessen Größe oder von der Ausrichtung des Angebotes. Betriebliches Gesundheitsmanagement(BGM) hat deshalb zu Recht einen hohen Stellenwert. Für den Schlaf, als Maßnahme der betrieblichen Gesundheitsförderung, gilt das noch nicht in gleichem Maße wie für andere Gesundheitsthemen. Nur etwa 10% der Unternehmen, die ein BGM eingeführt haben, bieten auch Schulungen und Maßnahmen zu besserem Schlaf und den chronobiologischen Rhythmen an, die durch Fachleute durchgeführt werden. Dieses Manko findet sich besonders in kleinen Unternehmen, da oft sowohl personelle wie finanzielle Ressourcen nicht ausreichend vorhanden sind oder die Bedeutung dieses Lebensstilbereiches nicht bekannt ist.

Auch wenn der Schlaf in jüngster Zeit mehr Beachtung und Wertschätzung erfährt, so wird besonders bei aktiven und leistungsbereiten Menschen der Schlaf immer noch als Zeitverschwendung abgetan und wenn Schlaf unbedingt sein muss, so solle es wenigstens ein komprimierter Turbo- oder Leistungs-Schlaf sein. Macht und Erfolg gehören denen, die wenig schlafen, das suggerieren Anekdoten über vermeintliche Kurzschläfer. Diese Einschätzung und die Anwendung für den eigenen Schlaf sind in hohem Maße selbstschädigend.

Nehmen diese Menschen Führungspositionen ein, so kann dies auch die Integration des Schlafes in die betriebliche Gesundheitsförderung erschweren.

Aber nicht nur Gesundheit und Wohlbefinden hängen vom guten Schlaf ab, auch die Sicherheit kann leiden. Bei etwa 20% der schweren Verkehrsunfälle und 13% anderer Arbeitsunfälle spielt die Übermüdung des Fahrers oder Mitarbeiters eine entscheidende Rolle. Einige große Unglücksfälle der letzten Jahrzehnte haben dies eindrucksvoll gezeigt.

Auch im Sinne des Employer Branding können die gängigen Angebote zur betrieblichen Gesundheitsförderung durch die Themen Schlaf und chronobiologische Rhythmen im (Arbeits)Alltag auf ein neues Fundament gestellt werden.

Die inneren Uhren und der Tagesablauf

Aufwachen, ohne durch einen nervigen Wecker viel zu früh aus dem Schlaf gerissen zu werden, ein Wunschtraum vieler Menschen. Der Start in den Tag könnte so schön sein, wenn er denn etwas später begänne. Sehr früh am Morgen sitzt vielen Menschen die Müdigkeit noch in den Knochen, die Glieder sind schwer und der erste Blick in den Spiegel sorgt auch nicht für Stimmungsaufhellung.

Aber heißt es nicht: “der frühe Vogel fängt den Wurm“ und „Morgenstund hat Gold im Mund“? Diese Volksweisheiten repräsentieren die auch heute noch verbreitete Arbeitsethik: Arbeit und Aktivität früh am Morgen zeugen von Fleiß, während Langschläfer leicht in den Verdacht geraten, Faulpelze zu sein.

Dabei wissen wir seit den Bunkerversuchen von Professor Jürgen Aschoff und weiteren Mitarbeitern des Max Planck Institutes aus den 1960er und 1970er Jahren, dass Menschen durch innere Uhren gesteuert werden. Jeder Mensch hat seine genetisch codierten inneren Rhythmen. Die Wissenschaft vom rhythmisch gesteuerten Ablauf der Funktionen jedes Organismus ist die Chronobiologie (griechisch: Chronos = Zeit; Biologie = Lehre von der belebten Natur).

Tausende Fragebögen, die u. a. von Professor Till Roenneberg, dem Lehrstuhlinhaber für Chronobiologie an der LMU München, ausgewertet wurden, zeigen dass etwa 60% der Menschen in Europa tendenziell dem Chronotyp Eule angehören. Bei diesen Menschen, die abends später zu Bett gehen, ist die biologische Schlafenszeit beim frühen Klingeln des Weckers noch nicht beendet. Dennoch müssen sie mit der sozialen Außenzeit leben und befinden sich während der Arbeitswoche im sozialen Jetlag. Kein Wunder, dass diese Menschen früh am Morgen einfach nur müde und nicht etwa faul sind.

Die Lerche dagegen ist der typische Morgenmensch. Der Mensch dieses Chronotyps geht abends gerne früh zu Bett und ist früh am Morgen bereits voll leistungsfähig. Lerchen sind deshalb besonders kompatibel mit Berufen, die auf einen frühen Arbeitsbeginn setzen. Nicht bei jedem Menschen ist der Chronotyp gleich stark ausgebildet, jedoch kann man aus einer Eule keine Lerche machen und umgekehrt.

Ein Leben gegen die eigenen Rhythmen kann zu Leistungs- und Vitalitätseinbußen und früher oder später zu Gesundheitsstörungen führen.

Die biologischen Rhythmen beschränken sich keineswegs auf den Schlaf-Wach-Rhythmus. Als bedeutender Rhythmus im Tagesablauf wird der Basic-Rest/Activity-Cycle (BRAC) angesehen, also der Ruhe-Aktivitäts-Zyklus, der 1960 bereits vom amerikanischen Forscher Nathaniel Kleitman beschrieben wurde. Während einer Zeitspanne von etwa 90 Minuten schaltet der BRAC den Organismus für etwa 70 – 80 Minuten auf aktiv. In dieser Zeit dominiert der Sympathikus das vegetative Nervensystem und wir können gut fokussiert und konzentriert arbeiten. Danach folgt eine Regenerations- und Entspannungszeit von etwa 10 – 20 Minuten, in der die Ressourcen wieder aufgeladen werden. In dieser Zeit dominiert der Entspannungsnerv Parasympathikus. Der Zeitpunkt für die Leistungsfenster nach dem BRAC unterscheidet sich je nach Chronotyp.

Es lohnt sich, diese Leistungsfenster zu kennen, um sie für konzentriertes Arbeiten ohne Ablenkung zu nutzen. Die Regenerationsphasen können für etwas Bewegung oder auch Atemübungen genutzt werden.

Eine Vielzahl von Untersuchungen zeigt, dass die regelmäßigen Regenerationsphasen dazu führen, dass in der gleichen Zeit bessere Arbeitsergebnisse erzielt werden. Außerdem stärken sie die Gesundheit und Stressresistenz der Mitarbeitenden.

Auch ein Powernap dient der Regeneration. Bei einer Umfrage wünschten sich zwei Drittel der Beschäftigten in unterschiedlichen Betrieben Ruheinseln für einen Powernap, also eine Kurzschlafpause von 15 – 30 Minuten, um das mittägliche Leistungstief besser zu überwinden.

Die Auswirkungen der Schlafqualität auf die Tagesleistungen – oder – Der Tag macht die Nacht und umgekehrt

Die Art und Bewältigung der Herausforderungen des Tages wirken sich unmittelbar auf die Nachtruhe aus. Andererseits entscheidet die Qualität des Schlafes darüber, wie wir genau diese Herausforderungen managen.

Bereits kurzfristige Schlafdefizite mit Tagesmüdigkeit beeinträchtigen kognitive und physische Fähigkeiten vergleichbar mit einem Blutalkoholgehalt von 0,8 – 1‰. Auch Sozialkompetenz und Motivation sind messbar verringert. Halten die Schlafstörungen an, so kommt es nicht etwa zu Gewöhnungseffekten, sondern die kognitiven, emotionalen und physischen Ausfallserscheinungen verstärken sich.

Der häufigste Grund für nicht durch Krankheit bedingte Ein- Und Durchschlafstörungen ist Anspannung durch nicht verarbeitete Stresssituationen am Tage. Damit einher geht oft die spätabendliche Nutzung von Blaulicht emittierenden elektronischen Geräten zur Erledigung von dringender Arbeit oder zu privaten Zwecken. Da das blaue Licht die Melatoninproduktion hemmt, kommt ein weiterer Faktor hinzu, der die Einschlaflatenz verlängert.

So verbindet sich die am Tage erzeugte Anspannung mit einer unzureichenden Melatoninproduktion zu einer unguten Koalition. Der besorgte Mensch blickt auf die Uhr, grübelt darüber, wie er den nächsten Tag überstehen soll, der weiteren Stress bereithält. Diese Grübeleien locken den Schlaf erst recht nicht herbei. Der neue Tag beginnt, wie der alte endete: mit Müdigkeit, Anspannung, schlechter Stimmung und eingeschränkter Leistungsfähigkeit. Diesen Teufelskreis gilt es zu durchbrechen mit geeigneten BGF-Maßnahmen, die sowohl das Stressmanagement am Tage wie auch die Schlafedukation beinhalten sollten.

Wird der Schlaf nicht berücksichtigt, kann sich die Schlafstörung chronifizieren, auch wenn die Auslöser, die Stressoren, bereits beseitigt sind.

Ist Work-Life-Balance zeitgemäß?

Auch wenn sich dieser Anglizismus fest in der deutschen Sprache etabliert hat, so wird er selten hinterfragt. Etwas auszubalancieren gäbe es, wenn Arbeit und Leben als Gegensätze gesehen werden. Arbeit ist aber ein Teil des Lebens, da wir etwa ein Drittel des Tages der Arbeit widmen. Wenn wir die Arbeit als separate Einheit sehen, müssten wir sie von der Lebenszeit abziehen. Deshalb ist die Work-Life-Balance ein zentraler Punkt des Diskurses um Arbeit und Privatleben und ihr Verhältnis zueinander. Zu Zeiten des Homeoffice hat dieser Diskurs neue Facetten bekommen, da die Abgrenzung der einzelnen Lebensbereiche schwieriger wird.

Schauen wir den Schlaf an, so wird dieser eher dem „Rest des Lebens“ und nicht der Arbeit zugeordnet. Das ist einer der Gründe für die noch dürftige Präsenz dieses Themas in der BGF.

Wenn wir die Arbeit vom „Rest des Lebens“ separieren, so wird außer Betracht gelassen, dass Arbeit nicht nur ein sinnstiftender Teil des „ganzen Lebens“ sein kann, sondern auch der persönlichen Weiterentwicklung dient und beides auch sollte. Hier ist allerdings auch noch einiges zu tun.

Eine ganzheitliche Sicht- und Vorgehensweise hätte das Ziel, eine harmonisierte Lebensbalance zu erreichen. Und hier bilden Schlaf und chronobiologische Rhythmen ein stabiles Fundament.

Unternehmern, BGM-Verantwortlichen und externen BGM-Dienstleistern stehe ich gerne zu einem Beratungsgespräch zu diesen Themen und zum Vitasom® Programm zur Verfügung.

Im nächsten Blogartikel wird es um Schichtarbeit, Jetlag und andere Herausforderungen gehen.

Links:

Mehr zu Chronotyp und Leistungsfähigkeit

Das Vitasom® Programm für die betriebliche Gesundheitsförderung

Weiterbildung zum Schlafberater

Vita-pad-schlaf-zur-Regeneration

Warum es kompetente Berater und Coaches für Schlaf und Regeneration braucht

Auch wenn der Schlaf als deutlich erkennbarer Trend mittlerweile in der Wahrnehmung einer breiten Öffentlichkeit angekommen ist, so bedeutet dies noch nicht, dass damit auch die Weichen gestellt sind, um dem erholsamen Schlaf seinen Platz in Gesundheitsförderung und Prävention zu geben.

Artikel und Bücher können Interessierten und von Schlafstörungen Betroffenen zwar helfen, Eigenkompetenz zu entwickeln, führen jedoch kaum weiter, wenn es darum geht, den eigenen Schlaf auch objektiv zu betrachten, Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Lebensstilbereichen zu erkennen und geeignete Strategien zur Verbesserung von Schlaf, Stressmanagement und Regeneration zu entwickeln und umzusetzen. Hier besteht also dringender Handlungsbedarf. Schlaf ist ein physiologischer Vorgang und viele Schlafstörungen sind primär noch nicht behandlungsbedürftig. Die klassisch medizinischen Anlaufstellen, wie somnologisch versierte Ärzte und Schlaflabore, treten erst in Aktion, wenn bereits eine behandlungsbedürftige Erkrankung eingetreten ist, wie zum Beispiel Schlafapnoe.

Das bedeutet, wenn eine Ein- oder Durchschlafstörung weniger häufig als drei Mal die Woche und über eine Dauer von weniger als drei Wochen auftritt, ist Eigenkompetenz gefragt. Wie bei vielen anderen Gesundheitsthemen auch, führt Unterstützung durch einen kompetenten Berater oder Coach schneller und nachhaltiger zum Ziel. Um einer Schlafstörung auf den Grund zu gehen, müssen auch die anderen Lebensstilbereiche, wie Ernährung, Stressmanagement und Bewegung beleuchtet werden.

Eine Schlafstörung ist meistens auch Ausdruck körperlicher und/oder psychischer Dysbalancen. Man könnte die Schlafstörung deshalb als wichtiges Körpersignal interpretieren. Schlafmittel lösen das Problem höchstens kurzfristig, weil sie nur am Symptom, dem gestörten Schlaf ansetzen, schaffen aber bei langfristiger Einnahme eher neue Probleme.

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