Die Zeitumstellung leichter bewältigen, wie geht das?

Was können Sie tun, um das Ritual der Uhrenumstellung, das zweimal jährlich unseren Biorhythmus attackiert, besser zu verkraften? Die Frage lässt sich nur beantworten, wenn Sie wissen, wie Ihre innere Uhr überhaupt tickt. Machen Sie also dieses Ritual zur Gelegenheit, um Ihren Biorhythmen auf die Spur zu kommen für mehr Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden.

Inhalt:

  • Wie ist die Definition unserer Zeitzonen entstanden?
  • Die Umstellung der Uhren hat eine längere Geschichte
  • Was sind biologische Rhythmen und wie werden sie gesteuert?
  • Die Auswirkungen der Uhrenumstellung auf unsere chronobiologischen Rhythmen
  • Was können Sie selbst tun, um die Zeitumstellung leichter zu bewältigen?

Alle Jahre wieder die gleiche Prozedur: An den letzten Wochenenden im März und Oktober werden die Uhren umgestellt. Damit tickt die äußere Uhr zwar anders, aber unsere innere Uhr denkt nicht daran, der vorgegebenen Umstellung einfach zu folgen. Denn es wird zwar die Uhr verstellt, nicht jedoch der Sonnenstand als Zeitgeber für unsere innere Uhr. So kommt es zu einer Desynchronisation zwischen Außenzeit und Innenzeit. Besonders ältere Menschen, bei denen der Schlaf-Wach-Rhythmus bereits geschwächt ist, Menschen mit ausgeprägten Schlaf-Wach-Rhythmus-Störungen, wie dem NON24 Syndrom, Schichtarbeiter, oder Menschen mit Schlafstörungen unterschiedlicher Genese spüren diese Desynchronisation deutlich. Aber kaum einer kommt ganz ungeschoren davon. Die Umstellung im Frühjahr von der Normalzeit, die wir „Winterzeit“ nennen, auf die mitteleuropäische „Sommerzeit“ macht uns stärker zu schaffen als die Rückkehr im Herbst zur Normalzeit.

Wie ist die Definition unsere Zeitzonen entstanden

Die Zeitzonen der Standardzeit basieren auf der Voraussetzung, dass die Sonne auf jedem Längengrad (Meridian) an jedem Tag des Jahres um 12:00 Uhr mittags am höchsten steht und um Mitternacht am tiefsten. Das weltweite systematische Zeitzonensystem ist eine Folge der internationalen Vereinbarung auf der Meridiankonferenz im Jahr 1884 in Washington DC. Dort wurde der Meridian, der durch das Londoner Greenwich Observatory verläuft als Nullmeridian (UTC = Universal time coordinated) festgelegt. Es wurden 24 theoretische Zeitzonen von jeweils 15 Längengraden geschaffen mit jeweils einer Stunde Unterschied zwischen den Zeitpunkten des gleichen Sonnenstandes. Die von dort nach Osten laufenden Zeitzonen werden als UTC + 1 bis + 12 bezeichnet und die nach Westen laufenden als UTC – 1 bis – 12. Europa erstreckt sich momentan über die Zeitzonen UTC + 0 bis + 3. Die Normalzeit (Winterzeit) ist also diejenige, die sich am Sonnenzyklus orientiert.

Die Umstellung der Uhren hat eine längere Geschichte

Die Zeitumstellung hat eine wechselvolle Geschichte. Sie wurde immer mal wieder eingeführt und dann wieder abgeschafft.

Die Grundidee der Sommerzeit formulierte Benjamin Franklin. Um Energie zu sparen, empfahl er bereits 1784 „das frühe Aufstehen und Zubettgehen“. Er selbst gehörte zum  Chronotyp „Lerche“, also dem Frühtyp. Auch heute noch gilt der Lerche-Typ, der in aller Früh gutgelaunt in den Tag startet, als der Idealtyp des fleißigen Menschen. Volkswahrheiten wie „Der frühe Vogel fängt den Wurm“ oder „Morgenstund hat Gold im Mund“ bringen dies auf den Punkt. Die Mehrheit der Europäer gehört jedoch nicht zu den ausgesprochenen Frühtypen, sondern ist eher angepasster Zwischentyp mit einer Tendenz zum Spättypen „Eule“.

Die erstmalige Einführung der Sommerzeit 1916 zur besseren Nutzung des Tageslichts wurde bereits drei Jahre später wieder kassiert. 1940 wurde dann die Sommerzeit aus dem gleichen Grund erneut eingeführt. Nach 1945 gab es eine Weile Chaos in der Uhreneinstellung. Man experimentierte in Ost und West mit verschiedenen Sommerzeiten. Zwischen 1950 und 1979 konnten wir uns über einen längeren Zeitraum über die Normalzeit freuen.

Die Ölkrise in den 1970er Jahren war der Anlass, in Europa erneut die Sommerzeit einzuführen. Begründung war dieses Mal die Einsparung von Energie. Die halbjährliche Umstellung der Uhren wurde in Deutschland 1980 eingeführt.

Die Uhrenumstellung hat, wie man heute weiß, nicht nur die Erwartungen an die Energieeinsparung nicht erfüllt, sie zeigt auch immer stärker die negativen Folgen für Schlaf und Gesundheit. Deshalb hat das europäische Parlament 2018 eine Kommission eingesetzt, die die Sinnhaftigkeit der Maßnahme überprüfen sollte. Die Kommission brachte eine europaweite Umfrage auf den Weg, an der sich 4,6 Millionen Menschen beteiligten, davon 70% aus Deutschland. 84% der Teilnehmer votierten für eine Abschaffung, davon allerdings 56% für die dauerhafte Beibehaltung der Sommerzeit.

Vermutlich ließen sich viele der Dauer-Sommerzeit-Befürworter leiten von den positiven Assoziationen, die mit dem Sommer verbunden sind. Man denkt an einen lauen Abend im Biergarten, an Urlaub oder andere Sommeraktivitäten. Chronobiologen plädieren jedoch für eine dauerhafte Rückkehr zur Normalzeit und können das gut begründen.

Was sind biologische Rhythmen und wie werden sie gesteuert?

Das Licht und insbesondere das Sonnenlicht ist der wichtigste Zeitgeber für unsere inneren Uhren. Über diese endogenen Uhren werden die Rhythmen unserer Organsysteme und Zellen gesteuert. Die Periodenlängen der biologischen Rhythmen reichen von Millisekunden bis zu Jahren. Atmung, Herzschlag, Zellerneuerung, Leistungsfähigkeit, Schlaf-Wach-Rhythmus und die Freisetzung von Hormonen und Neurotransmittern sind Beispiele für die große Bandbreite.

Lange gab es Vermutungen zum Vorhandensein innerer Uhren. Doch erst durch die Versuche im „Andechser Bunker“ wurde der Beweis erbracht, dass die inneren Uhren tatsächlich existieren. In der Außenstelle des Max-Planck-Institutes für Verhaltensphysiologie lebten Hunderte freiwillige Probanden für Wochen oder Monate hinter meterdicken Mauern ohne Uhren oder Tageslicht. Auch ohne Tageslicht und ohne zu wissen, wann Tag oder Nacht war, blieb der zirkadiane Rhythmus der Probanden erhalten. Fast alle Teilnehmer pendelten sich dabei jedoch auf einen 25 Stunden Rhythmus ein. Damit sich aber unsere inneren Uhren auf den irdischen 24 Stunden Tag einschwingen können, braucht es Zeitgeber. Hier spielt das Licht und insbesondere das Sonnenlicht eine besondere Rolle. Und damit schließt sich der Kreis zur Bedeutung der Ortszeit und Lichtaufnahme während des Tages.

Die Auswirkungen der Uhrenumstellung auf unsere chronobiologischen Rhythmen

Die biologischen Taktgeber des Menschen werden gesteuert durch eine stecknadelkopfgroße Traube von Nervenzellen über der Kreuzung der Sehnerven, genannt suprachiasmatischer Nucleus (SCN). Der SCN verarbeitet die „Lichtinformation“ des Auges und sendet Signale an die nachgeordneten zirkadianen Uhren. Vor allem die Zirbeldrüse reagiert auf die Informationen des SCN, um zur richtigen Zeit das Hormon Melatonin auszuschütten. Das bedeutet, je länger der SCN über das Auge Lichtsignale empfängt, umso später beginnt die Melatoninproduktion.

Das Problem bei der Zeitumstellung ist, dass sich unsere inneren Uhren nicht an der Uhr, sondern am Sonnenstand und an der Helligkeit orientieren. Durch die Umstellung am letzten Märzwochenende wird nur die Uhrzeit eine Stunde nach Osten verschoben, nicht aber der Sonnenstand.

Wenn wir durch einen Zeitzonenflug einen Jetlag erleiden, kommt es vorübergehend zu einer Desynchronisation zwischen der inneren biologischen Zeit und der Außenzeit. Nach einer individuellen Eingewöhnungszeit können jedoch die inneren Uhren sich leicht durch den lokalen Hell-Dunkel-Rhythmus wieder mit der Außenzeit synchronisieren. Bei der Uhrenumstellung auf Sommerzeit besteht eine Differenz zwischen der durch die solaren Zeitgeber vorgegebenen Innenzeit des Menschen und der Uhrzeit für die gesamte Dauer der Zeitumstellung. Die Eingewöhnung ist deshalb schwieriger und kann bis zu vierzehn Tagen dauern. Im Herbst bei der Rückführung zur Normalzeit gibt es eher kurzzeitige Anpassungsprobleme.

Da es während der Sommerzeit abends länger hell ist, erhöhen sich häufig die abendlichen Freizeitaktivitäten. Auch die Melatoninausschüttung erfolgt später, so entsteht auch erst später am Abend Müdigkeit. Dadurch verkürzt sich nachweislich die Schlafdauer, da sich der frühe Aufstehzeitpunkt, zumindest während der Arbeitswoche, nicht ändert.

Was können Sie selbst tun, um die Zeitumstellung leichter zu bewältigen?

Wenn Sie sich bereits mit den Zusammenhängen von Leistungsfähigkeit, Schlafqualität und zirkadianem Rhythmus beschäftigt haben und Ihre eigenen Rhythmen gut spüren und berücksichtigen, dann wird Ihnen die Zeitumstellung deutlich leichter fallen. Die folgenden Tipps unterstützen Sie zusätzlich:

  1. Bei der Zeitumstellung im März tun sich die Frühtypen leichter, bei der Rückführung zur Normalzeit sind die Spättypen im Vorteil. Wenn Sie Ihren Chronotyp noch nicht kennen, so erfahren Sie hier mehr und können einen Test durchführen.
  2. Starten Sie im März bereits vier bis fünf Tage vor der Umstellung damit, alle zwei Tage 15 Minuten früher zu Bett zu gehen und nehmen Sie auch die letzte Mahlzeit am Tag entsprechend früher ein. Für die Eulen ist dies eine größere Herausforderung als für die Lerchen.
  3. Wenn Sie am Sonntag um 9 Uhr aufwachen, so denken Sie nicht „Eigentlich ist es erst 8 Uhr und ich kann noch liegen bleiben“. Stehen Sie auf und gehen Sie noch am Vormittag ins Freie, um ordentlich Licht zu tanken. So helfen Sie der inneren Uhr bei der Ausschüttung des Wohlfühlhormons Serotonin, das am Abend wieder für die Produktion des Melatonins gebraucht wird.
  4. Vermeiden Sie in den ersten Tagen nach der Umstellung einen Mittagsschlaf, um genügend Schlafdruck für den Abend aufzubauen und versuchen Sie auch an Werktagen so viel Licht wie möglich in der ersten Tageshälfte zu tanken.
  5. Auch wenn es verlockend scheint, Sie bewältigen die Umstellung leichter, wenn Sie in den ersten Tagen keine späten Abendtermine wahrnehmen oder länger draußen sind.
  6. Bauen Sie Ruhe und Regenerationsphasen in Ihren Tagesablauf ein. Das gilt generell, ist aber in der Umstellungsphase besonders wichtig. Die biologischen Rhythmen steuern auch die Phasen der Leistungsfähigkeit. In einer Zeitspanne von etwa 90 Minuten ist der Organismus für etwa 70 – 80 Minuten im „Aktivmodus“, in dieser Zeit können wir konzentriert und fokussiert arbeiten. Danach folgt eine Regenerations- und Entspannungszeit von etwa 10 – 20 Minuten, in der die Ressourcen wieder aufgeladen werden. Nutzen Sie die Zeit für etwas Bewegung, einige Atemübungen, hören Sie Musik oder gehen Sie kurz ins Freie.
  7. Schalten Sie mindestens eine Stunde vor dem Zubettgehen alle Blaulichtemittierenden Geräte aus, da blaues Licht die Melatoninausschüttung behindert.
  8. Wenn Sie mit Schlafproblemen und verstärkter Tagesmüdigkeit kämpfen, so finden Sie in meinem Buch „Gute Nacht Schlafprobleme“ wertvolle Informationen und natürliche Strategien, um wieder erholsam schlafen zu lernen und Lebensstil und Biorhythmus gut zu synchronisieren.

Es lohnt sich, den eigenen Chronotyp und seine Biorhythmen zu kennen und, wenn nötig, kleine Veränderungen des Lebensstils vorzunehmen, um mit dem Rhythmus des Körpers und nicht dagegen zu leben und auch zu arbeiten. Sie werden belohnt durch mehr Leistungskraft, besseren Schlaf und Wohlbefinden.