Säge - Jung Ulrike - Konzepte zur Gesundheitsförderung

Wenn des nachts die Säge nervt – Was Schnarchen für die Gesundheit, die Partnerschaft und die Lebensfreude bedeutet

Inhalt:

  • Schnarchen als Störfaktor
  • Wie entstehen Schnarchgeräusche?
  • Ist Schnarchen gefährlich?
  • Schnarchen evolutionär betrachtet
  • Tipps für Schnarcher

„Gott schenke uns Ohrenlider“ flehte unerhört schon Kurt Tucholsky. Doch bis heute hat uns die Evolution keine körpereigene Vorrichtung geschenkt, die den Lärm draußen hält. So sind Bettpartnerinnen von Schnarchern nach wie vor dem störenden Krach ausgesetzt, während der Schnarcher selbst sein Schnarchen nicht hört. Und der Lärm kann beträchtlich sein. Laut Guiness Buch der Rekorde bringt es der lauteste Schnarcher der Welt auf 111 Dezibel, vergleichbar einem Düsenflugzeug im Tiefflug. Aber auch 80 Dezibel, die von nicht rekordverdächtigen Schnarchern erzeugt werden, besitzen noch Rasenmäher-Lautstärke. Singleschläfer, die zwar keine Bettpartner stören und so keine direkte Rückmeldung erhalten, können selbst einige Indizien für ihr nächtliches Schnarchen erkennen, zum Beispiel:

  • Sie fühlen sich morgens trotz ausreichender Schlafzeit wie gerädert
  • Der Mund ist trocken
  • Sie neigen untertags zu Sekundenschlaf, besonders bei monotonen Tätigkeiten
  • Sie haben öfter Kopfschmerzen
  • Sie sind am Tage weniger leistungsfähig und können sich bei der Arbeit schlecht konzentrieren
  • Bei sehr hellhörigen Gebäuden fragt morgens der Nachbar, ob Sie gut geschlafen haben

Obwohl etwa 44% der Männer und 28% der Frauen zwischen 30 und 60 Jahren schnarchen, ist Schnarchen noch ein Tabuthema und wird in der Gesundheitsförderung oder gar in der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) sehr selten adressiert. Zeit, das zu ändern.

Wie entstehen Schnarchgeräusche?

Das Geräusch des Schnarchens kann man kaum verschriftlichen. Nicht von ungefähr behilft man sich deshalb mit Metaphern wie sägen oder bei leisem Schnarchen knurren oder schnorcheln. Auch die gerne verwendete Buchstabenreihe Zzz ist nur ein Behelf. Der medizinische Fachbegriff für das Schnarchen ist Rhonchopathie. Es fällt auf, dass dieses Wort eine gewisse Nähe zum beschriebenen Geräusch hat.

Schnarchgeräusche entstehen, wenn die Luft beim Einatmen auf Engstellen in der Nase oder im Rachen trifft. Die Luft wird verwirbelt und lässt das Gaumensegel oder Zäpfchen mehr oder weniger flattern. Durch diese Schwingungen entsteht Schall.

Die Schwingungen entstehen vor allem dann, wenn die Muskeln des Rachenraumes schlaff sind und auch das Stützgewebe erschlafft ist, so dass die Zunge zurückfallen kann oder das Zäpfchen sich Richtung Zunge senkt.

Bei Frauen ist bis zur Menopause durch den Östrogeneinfluss eine höhere Muskelspannung vorhanden, die dem Schnarchen entgegenwirkt. Nach Eintritt der Menopause holen die Frauen aber auf, was die Schnarchquote anbetrifft.

Fetteinlagerungen im Rachenbereich sind ebenfalls schnarchfördernd, da sie den Durchflussraum einengen.

 

Die Gründe für das Schnarchen:

  • Die Nasenatmung ist behindert und der Schlafende atmet durch den Mund
  • Allergien können nicht nur die Nasenatmung behindern, sondern auch die Schleimhäute im Rachen anschwellen lassen
  • Übergewicht kann die Fetteinlagerung im Rachenraum begünstigen
  • Schlafen in Rückenlage ist einer der Hauptgründe
  • Alkohol am Abend setzt die Muskelspannung herab
  • Das gilt auch für Schlafmittel und andere beruhigende Medikamente
  • Zunehmendes Alter

Ist Schnarchen gefährlich?

Solange mit dem Schnarchen keine Atemaussetzer verbunden sind und ausreichend Luft in die Lungen fließt, ist das Schnarchen für den Verursacher nicht gesundheitsschädlich. Der Bettpartner kann allerdings erheblich leiden. Nach einer Forsa-Umfrage von 2018 gaben 78% der befragten Frauen an, dass ihr Partner schnarcht. Sie haben verschiedene Strategien entwickelt, um wenigstens Schnarchpausen zu erreichen.

Etwa 45% stoßen den Partner kräftig an, 21% drehen den Partner auf die Seite, 13% haben getrennte Schlafzimmer, einige schlafen auf dem Sofa und nur 5% bitten den Partner, zum Arzt zu gehen. Man kann also sagen, Bettpartnerinnen leiden still und tun wenig, um ihre eigene Schlafqualität zu retten oder präventiv den Partner zu unterstützen.

Dennoch sollte das Schnarchen nicht bagatellisiert werden, da etwa ein Drittel der Schnarcher im Laufe der Zeit ein obstruktives Schlafapnoe-Syndrom entwickelt. Der Begriff Apnoe stammt aus dem Griechischen und bedeutet Windstille. Der Betroffene hat eine Atempause, kein Lufthauch ist zu spüren. Durch die unzureichende Sauerstoff-Versorgung und die steigende Kohlendioxidkonzentration löst der Körper über Chemorezeptoren im Gehirn Alarm aus, damit der Schläfer nicht erstickt. Der Atemlose erwacht und beginnt mit einem starken Schnarcher wieder zu atmen. Die Schwere der Schlafapnoe wird durch die Anzahl der Apnoe-Ereignisse pro Stunde gekennzeichnet. Bei 5-10 Ereignissen spricht man von einer milden Schlafapnoe. Die Atemaussetzer können von wenigen Sekunden bis zu einer Minute dauern.

Von dem ganzen dramatischen Geschehen merkt der Betroffene typischerweise nichts. Der stark fragmentierte Schlaf mit den häufigen Wachreaktionen zieht jedoch zahlreiche Gesundheitsprobleme nach sich. Im Verlauf des Atemstillstands steigt der Blutdruck. Das Herz muss mit Hochdruck arbeiten, dennoch gibt es immer wieder einen kurzfristigen Sauerstoffmangel in Körper und Gehirn.

Die Folgen sind Tagesmüdigkeit, Sekundenschlaf, Konzentrations-und Gedächtnisstörungen und auch Potenzstörungen. Letztere führen oft zum ersten Arztkontakt. Langfristig steigt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck, Herzinfarkt und Schlaganfall.

Fazit: Das Schnarchen ohne Atemaussetzer ist zwar für den Schnarcher zunächst nicht gefährlich, da jedoch jeder dritte Schnarcher im weiteren Verlauf eine obstruktive Schlafapnoe entwickelt, diese Veränderung aber selbst nicht bemerkt – höchstens über die Begleitsymptome – sollte man das Schnarchen nicht einfach hinnehmen, sondern aktiv werden. Weniger Schnarchen sorgt außerdem für mehr Frieden im Schlafzimmer und besseren Schlaf und damit Laune bei der Bettpartnerin / dem Bettpartner.

Schnarchen evolutionär betrachtet

Ist Schnarchen ein neues, zivilisationsbedingtes Phänomen oder kann Schnarchen evolutionär ein Vorteil gewesen sein? Es gibt Hypothesen, dass es für die steinzeitliche Horde ein Vorteil war, einen kräftigen Schnarcher in ihrer Gruppe zu haben. Die bedrohlich wirkenden Sägetöne könnten Räuber und wilde Tiere in die Flucht geschlagen haben.

Da Schnarcher auch heute noch zu einem großen Teil übergewichtig sind, könnten die steinzeitlichen Schnarcher auch besonders wohlgenährte und kräftige Männer gewesen sein.

Immerhin entsteht das Schnarchen in den gleichen anatomischen Strukturen wie das Knurren beim Hund, das ebenfalls nichts Gutes verheißt.

Im weltweit einzigartigen Schnarchmuseum in Alfeld, das zur Expo 2000 eingerichtet wurde, kann man jahrhundertealte Aufzeichnungen zum Schnarchen und zur Schlafapnoe anschauen. Die älteste stammt aus dem Jahr 460 v. Chr. und behandelt die Reaktion der Frauen auf das Schnarchen des Gottes Dyonysos, dem Sohn des Zeus. Diese Reaktionen unterschieden sich nur im verwendeten Material von denen, die geplagte Bettpartnerinnen heute anwenden. So wurde Dyonysos mit dem Stiel eines Riesenfenchels immer wieder angestoßen, wenn das Schnarchen zu laut wurde.

1745 erschien die erste Dissertation über das Schnarchen der Schlafenden in lateinischer Sprache von Friedericus Wilhelm Lust an der Universität Halle-Magdeburg zur Erlangung des medizinischen Doktorgrades.

Auch allerlei Erfindungen und Gerätschaften zur Verhinderung des Schnarchens sind im Schnarchmuseum zu sehen.

Tipps für Schnarcher

Die Bandbreite der Hilfsmittel zur Verhinderung des Schnarchens ist enorm und für den Hilfesuchenden oder die Beraterin ist es nicht einfach, hier zwischen obskuren Methoden und Hilfen zu unterscheiden, die tatsächlich einen Versuch wert sind. Die eine Methode, die allen Schnarchern hilft, gibt es nicht, soviel vorab.

Da Übergewicht das Schnarchen stark begünstigt, wäre hier der Ansatz, durch Gewichtsreduktion etwas gegen den nächtlichen Lärm zu unternehmen. Nachhaltiges Abnehmen ist aber ein eigenes Thema und soll deshalb hier nicht weiter behandelt werden.

Weitere ursachenbezogene Strategien sind:

  • Konsum von Alkohol, Schlafmitteln und Beruhigungsmitteln prüfen und diese Substanzen testweise für einige Zeit weglassen, da diese, besonders bei Älteren, das Stützgewebe im Rachenraum erschlaffen lassen.
  • Hindernisse bei der Luftzufuhr identifizieren, wie eine durch Erkältung oder Allergie verstopfte Nase, Polypen, eine schiefe Nasenscheidewand oder stark vergrößerte Mandeln und dieses Problem mit dem Arzt besprechen
  • Stärkung des Stützgewebes im Rachen durch Training. Hier gibt es gemischte Erfahrungen mit Didgeridoo Spielen. Einen Versuch ist es für musikalische Schnarcher sicher wert. Allerdings ist Regelmäßigkeit und Ausdauer vonnöten.
  • Zur Stärkung der Zungenmuskulatur dient das Gerät ExciteOsa, das täglich untertags 20 Minuten angewendet werden soll. Über neuromuskuläre elektrische Stimulation erfolgt die Kräftigung der Zungenmuskulatur. Das Gerät kann direkt beim Hersteller Online bezogen werden.
  • Schienen, die den Unterkiefer vorverlagern, weiten die oberen Atemwege und straffen das Gewebe. Diese Unterkiefer-Protrusionsschienen können als selbst anzupassende thermolabile Schienen direkt Online oder im Fachhandel bezogen werden. Aufwendiger und meist auch wirksamer ist die Anpassung einer individuell angepassten Schiene durch einen spezialisierten Zahnarzt.
  • Nur der Vollständigkeit halber werden operative Maßnahmen erwähnt. Hier sollte immer eine seriöse und umfassende Beratung durch einen erfahrenen Operateur vorausgehen.

Weitere Tipps:

Schnarchbänder, Sprays, Gaumenspangen, Schnarchringe oder ähnliche Hilfsmittel werden von Schlafmedizinern eher nicht empfohlen, dennoch gibt es hilfreiche und erprobte Tipps.

  • Tritt das Schnarchen verstärkt in Rückenlage auf, so kommen Hilfsmittel zum Einsatz, die die Rückenlage verhindern. Tennisbälle haben sich nicht bewährt. Sinnvoller sind spezielle Westen, die zwar die Rückenlage verhindern, aber dennoch ein Drehen im Bett ermöglichen. In diesem Modell von Nachtwächter ist das Rückenkissen individuell aufblasbar und kann deshalb auch gut auf Reisen mitgenommen werden. Im Idealfall ist es so, dass die Weste nach einigen Monaten nicht mehr benötigt wird, da der Körper sich daran gewöhnt hat, die Rückenlage zu vermeiden.

  • Elektronische Lagerungsgurte, die durch Vibrieren die Rückenlage anzeigen bis ein Positionswechsel vorgenommen wurde (z. B. Somnipax belt). Das gleiche Ziel haben verschiedene Apps.
  • Kopfende des Bettes leicht aufstellen und ein spezielles Kissen für Seitenschläfer verwenden
  • Ohrstöpsel für die Bettpartnerin – eher eine Interimslösung

Sie haben Fragen zu den Inhalten dieses Artikels, zu Schritten in der Beratung und im Coaching von Klienten, zu hilfreichen Produkten oder möchten wissen, welche konkreten Maßnahmen zum Beispiel in der Betrieblichen Gesundheitsförderung wie eingesetzt werden können, dann nehmen Sie am besten gleich Kontakt mit mir auf.

Vitasom® Programm

Weiterbildung zum Schlafberater